Die Wanderungen der Walser
Der zeitliche Rahmen und die Gründe der Auswanderung aus dem Wallis
Im
ausgehenden 12. Jahrhundert überstiegen die ersten Gruppen von
Oberwallisern die Pässe, um sich in den benachbarten Bergtälern
anzusiedeln. Die Auswanderung erreichte im 13. Jahrhundert den
Höhepunkt und fand um die Mitte des 14. Jahrhunderts ihren Abschluss.
Es kann nicht
mit Sicherheit beantwortet werden, warum diese Bauern und Hirten das
"Goms" (Oberwallis) besonders nach Süden und Osten hin verließen und auf diese Weise
von "Wallisern" zu "Walsern" wurden. Waren es die großen Kinderzahlen,
die eine Überbevölkerung verursachten? Waren es Naturkatastrophen,
Klimaveränderungen oder die Pest? War es die Trockenheit des warmen
Klimas vor 700 Jahren, das im Wallis Not bereitete? Oder einfach die
Lust am Abenteuer?
Dazu kann niemand mehr befragt werden und es fehlen Urkunden, die davon berichten. Eine zentrale Rolle spielten die Feudalherren mit ihren verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Verbindungen, die es gestatteten, die ausgezogenen Walliser in unwirtlichen Gegenden anzusiedeln. Die Bevölkerung und die Anbauflächen wuchsen. Dadurch sicherten die Herren ihren Unterhalt und ihre Herrschaftsansprüche. Die Siedler erhielten an vielen Orten das "Walserrecht" (Kolonistenrecht), d.h. die persönliche Freiheit, das Recht zur Bildung eigener Gerichtsgemeinden und das Recht der freien Erbleihe von Grund und Boden. Dies besagte, dass beim Tod eines Siedlers das Gut auf seine Erben überging. Das "Walserrecht" wurde gegen einen mäßigen Zins und die Verpflichtung zum Kriegsdienst gewährt.
Der Vorstoß nach Süden Einige
Gruppen überquerten vermutlich vor 1200 den Simplon und kolonisierten
die Südseite des Passes. Später verdrängten sie die romanische
Bevölkerung aus dem Gebiet von Zwischenbergen. | |
Karte: Walliser Geschichte, Bd. 1+2, Arthur Fibicher |
Walserkolonien im Westen
Im 12. und 13. Jahrhundert setzten sich deutschsprachige Walliser im französischen Savoyen fest. Sie legten dort drei Siedlungen an. Zwei von ihnen heißen noch heute Les Allamands. Die deutsche Mundart ist dort schon lange erloschen.
Die Nordwalser
Leute aus dem Lötschental schlugen im 12. und 13. Jahrhundert im Berner Oberland neue Wohnsitze auf. Sie siedelten im Lauterbrunnertal und in Planalp am Fuße des Brienzer Rothorns. Eine weitere Niederlassung gründeten sie westlich von Thun. Die so genannten Lötscher waren Rückwanderer in das Berner Oberland.
Die Ausbreitung nach Osten
Oberwalliser
überquerten schon im 12. Jahrhundert die Furka und ließen sich inmitten
der romanischen Bevölkerung des Urserentales nieder. Von hier aus
drangen einzelne Sippen über den Oberalppass ins Quellgebiet des Rheins
und flussabwärts bis Obersaxen vor.
Andere Walser Kolonien
Graubündens verdanken ihre Entstehung Einwanderern aus den Südkolonien.
Die ersten Walser im Averstal und im Rheinwald stammten zum großen Teil
aus dem Pomatt (Val di Formazza). Die Walserkolonie in Davos wurde vermutlich von
Siedlern aus dem unteren Teil des deutschen Wallis oder den westlichen
Südkolonien gegründet. Vom Rheinwald und Davos wurden die umliegenden
Bergtäler in Besitz genommen. Leute aus dem westlichen Oberwallis oder
Angehörige der Davoser Gruppe gelangten bis nach Liechtenstein und ins
österreichische Bundesland Vorarlberg. In Vorarlberg tragen das Große
und das Kleine Walsertal noch heute den Namen der Einwanderer.
Literatur: Walliser Geschichte, Bd. 1+2, Arthur Fibicher