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Kultur | Bildung

Schulwesen in Safien

Bis gegen Mitte des 18. Jahrhunderts gab es in Safien keine öffentlichen Volksschulen. Dass die Safier aber bereits im 16. Jahrhundert schreiben und lesen konnten, beweisen viele alte schöne Handschriften und Protokolle. Es mag durchaus sein, dass vermögende Familien ihre Kinder durch den Pfarrherrn unterrichten liessen oder auswärts in die Schule schickten, aber allgemein ist davon auszugehen, dass die Eltern ihre Kinder selber lesen, schreiben und rechnen lehrten.


Altes Platzer Schulhaus
Verlässliche Angaben über die Einrichtung von Volksschulen sind in den Schulprotokollen von 1744 enthalten. Daraus ist zu entnehmen, dass die Gemeinde Safien das Recht, im damaligen Untertanengebiet Veltlin den Podestaten zu stellen, an eine andere Gemeinde verkaufte und dieses Erlös zu einem wesentlichen Teil für die Einrichtung von Schulen in den einzelnen Pürten eingesetzt hat. Es wurden wohl kaum alle Erträge aus dem Podestatenamt so sinnvoll eingesetzt!
Altes Platzer Schulhaus
 Altes Platzer Schulhaus
Die Nachbarschaften oder Pürten machten sich sofort an Arbeit, Schulfonds einzurichten und Volksschulen einzuführen. Weil die Zinsen der veltlinischen Gelder nicht ausreichten, die Lehrer zu besolden, mussten die einzelnen Haushaltungen mit dem Erwerb von Schulrechten auch dazu beisteuern. Diese Schulrechte waren an das betreffende Haus gebunden. Teils wurden Schulhäuser gebaut, in anderen Nachbarschaften wurde abwechslungsweise in den Wohnstuben unterrichtet.
Der Stundenplan war einfach. Man begnügte sich mit Lesen, Schreiben, Rechnen, Auswendiglernen und Singen.
Die Ausbildung zum Lehrer war dürftig. Hie und da wurden intelligente Burschen nach ihrem Austritt aus der Primarschule an der hiesigen Schule als Lehrer angestellt. Durch Selbststudium bildeten sich aber viele weiter, so dass sie bald einen Ruf nach auswärts als Lehrer erhielten.
Ende des 19. Jahrhunderts zählte man noch 25 Safier Lehrer, die in Safien oder auswärts Schule hielten. Mit dazu beigetragen hat sicher die 1837 gegründete Oberschule am Platz. Viele Zöglinge dieser Schule unterrichteten später als Lehrer.
Bereits 1835 stellte der Schulverein Safien-Tschappina einen ausführlichen Lehrplan für die ihm unterstellten Schulen auf und erweiterte den Stundenplan.
1849/1850 waren in Safien 9 Schulen mit gesamthaft 132 Schülern. (Ausser-Camana, Inner-Camana und Bäch, Gün, Neukirch, Proskaleschg, Ausserthal, Innerthal, Platz, Zalön) Alle Schulen waren Gesamtschulen mit 9 Klassen, sodass es vorkam, dass Schüler 9 Winter zum gleichen Lehrer in die Schule gingen und dieser sogar schon ihre Eltern unterrichtet hatte.
1879 ging gemäss Bundes- und Kantonsverfassung das Schulwesen an die politische Gemeinde über und die Schulfonds der Nachbarschaften mussten der Gemeinde übergeben werden.
Gleichzeitig wurden infolge Schülerrückgang und Erhöhung der Lehrerbesoldung die Schulen auf 4 reduziert. Die Schulorte, versuchsweise auf zwei Jahre festgesetzt, waren: Thalkirch, Camana, Platz-Zalön abwechslungsweise und Neukirch.
Dieses Provisorium hielt 77 Jahre und die Schüler von Platz und Zalön gingen jeweils drei Monate der sechsmonatigen Schulzeit auf dem Platz und drei Monate in Zalön zur Schule. Gezügelt wurde Mitte Schulzeit, d.h. ca. am 20. Januar. Für den Umzug stellte sich meist der Schulrat mit Viehgespann und Schlitten zur Verfügung, denn es gab zwischen Platz und Zalön nur einen Schlilttweg.
Die Platzer Schüler nahmen in der Mittagspause in der Zalöner Schulstube eine einfache Mittagsverpflegung aus dem Rucksack ein, war die Schule auf dem Platz mussten die Zalöner den Rucksack packen.
Weil auf dem Platz die Schülerzahl anstieg, wurden die Schulen nach 77 Jahren wieder getrennt und auf dem Platz und auf Zalön eine eigene Schule eingerichtet.
Die sehr einfachen Schulhäuser waren vielfach baufällig und genügten den Anforderungen nicht mehr. 1947 fasste die Gemeinde deshalb den Beschluss in den Fraktionen neue Schulhäuser zu bauen. Ein Zusammenzug war damals kein Thema. Zu Fuss wären die Schulwege zu lang gewesen und Fahrwege für Schülertransporte auf die Höfe waren noch keine vorhanden. Immerhin plante man, wenigstens im Schulhaus Platz eine Turnhalle einzubauen, die auch für Theatervorführungen und Gemeindeversammlungen dienen sollte.
Schulhaus Safien Platz

Als 1961 in Thalkirch das letzte der Fraktionsschulhäuser eingeweiht wurde, war die Schülerzahl bereits so stark zurückgegangen, dass der Weiterbestand nicht mehr gesichert war. Einige Jahre fand man eine Lösung mit einer Unterschule am Platz und einer Oberschule in Thalkirch.
1970 wurde das Platzer Schulhaus umfassend renoviert und erweitert.
1972 wurden dann die Fraktionsschulen aufgehoben und alle Schüler auf dem Platz zusammengezogen. Das Schulanlage am Platz wurde immer weiter ausgebaut. Im Jahre 2002 konnte die neue Mehrzweckhalle eingeweiht werden. Die Fraktionsschulhäuser Neukirch, Zalön und Camana werden von der Gemeinde als Wohnhäuser vermietet, das Schulhaus in Thalkirch an einen einheimischen Landwirt als Wohnhaus verkauft. Heute werden im Schulhaus Platz zwei Abteilungen (1. bis 3. Klasse und 4. bis 6. Klasse) geführt.

Schulhaus-Anlage Safien Platz  
Safien hatte keine eigene Sekundarschule. Wer eine solche besuchen wollte, musste weit weg nach Ilanz, Thusis oder Tamins und konnte nur über das Wochenende heimkehren. Es war deshalb der Gemeinde ein grosses Anliegen, ihren Schülern den Besuch einer Sekundarschule zu ermöglichen. Die vier benachbarten Walsergemeinden Safien, Tenna, Versam und Valendas verhandelten jahrelang über eine gemeinsame Lösung. Ab 1970 wurde die Sekundarschule Valendas als Provisorium von Schülern der vier Gemeinden besucht. Der Schulverband beschloss dann mit 3:1 die Oberstufe in Versam einzurichten, vor allem weil dieser Standort zentraler lag als Valendas. Die Kantonsregierung hat dann diesen Entscheid aus finanziellen Überlegungen später wieder umgestossen und nur den Standort Valendas subventioniert. Das angerufene Bundesgericht deckte diesen Entscheid.
Seit 2002 besucht die gesamte Oberstufe die Schule in Valendas.
Schulhaus Zölan
 Schulhaus Zalön nach Umbau
Für die Safier bedeutet dies wohl den längsten Schulweg weit und breit:
Zuerst zu Fuss oder mit dem Schlitten von Höfen hinunter zur Postautohaltestelle, dann je nach Ausgangspunkt eine Postautofahrt von mehr als einer Stunde; am Abend dasselbe in umgekehrter Richtung mit einem anschliessenden Fussmarsch auf die teils bis 300 m Höhendiffereenz oberhalb der Talstrasse liegenden Höfe.
Die weitere Entwicklung im Schulwesen wird stark vom andauernden Geburtenrückgang beeinflusst werden.
Text: Mattli Hunger

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