Der Heilige Theodul
Bei Octodurum soll im Jahre 285 eine Truppe Soldaten aus dem Orient mit ihrem Anführer Mauricius Primicerius niedergemetzelt worden sein. Sie weigerten sich Christen zu verfolgen. Anfang des 5. Jahrhunderts berichtet Bischof Eucherius von Lyon (Passio Acaunensium martyrum), dass Theodul die Gebeine des Mauricius Primicerius und seiner Gefährten, der so genannten thebäischen Märtyrer, gefunden und sie in einer ihnen zu Ehren errichteten Basilika in Acaunum (Sankt Moritz, Saint Maurice) beigesetzt habe. Die Reliquien Theoduls wurden wahrscheinlich bei der Übertragung des Bischofssitzes nach Sitten im 6. Jahrhundert dorthin überführt und vielleicht auf dem Friedhof extra muros beigesetzt. Dort entstand eine Kirche, später eine Krypta mit einem Arcosolgrab (8./9. Jahrhundert, nach neueren Grabungen unter der Sankt-Theoduls-Kirche aus dem 16. Jahrhundert). Im Mittelalter war die Kirche ein stark besuchter Wallfahrtsort. An einem 4. September Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts wurden die Reliquien von hier weggeführt und später in Valeria (Sitten) aufbewahrt. Bei der Besetzung der Stadt durch die französischen Truppen 1798 gingen sie verloren. Der Theoduls-Kult verbreitete sich von Sitten (urkundlich bereits 999 als dessen Patron genannt) über Engelberg (12. Jahrhundert) in die übrige Schweiz, nach Savoyen, Oberitalien, Vorarlberg und nach Süddeutschland. Besonders in den Walserkolonien findet der Heilige Verehrung. Im Wallis hat sich das Andenken an Theodul in der Überlieferung, gestützt besonders auf den Kultplatz und auf die Passio Acaunensium martyrum, immer erhalten. Theodul ist u.a. Patron des Kantons Wallis, Glocken-, Wetter- und Winerpatron. Hauptattribut ist nach der Legende ein glocketragender Teufel, der den Heiligen samt einer ihm vom Papst geschenkten Glocke von Rom über den Theodulpass (Matterjoch) nach Sitten tragen musste. | |
St. Theodul auf dem Place de la Majorie in Sitten (Sion) | |
Auf der Versetzung in die Zeit Karls des Großen beruht die Darstellung mit einem Schwert oder der Augenblick der Schwertübergabe durch Karl den Großen, so unter anderem auf alten Walliser Münzen, in Erinnerung an die Theodul angeblich verliehenen Hoheitsrechte über das Wallis (Carolina). Außerdem wird er abgebildet mit einer Weintraube, ein Weinwunder wirkend, die Reliquien der thebäischen Märtyrer sammelnd, vereinzelt auch, wie er ein ertrunkenes Kind wieder zum Leben erweckt. Gelegentlich wird dem Hl. Theodul ein lokales Bergbaupatronat in Vorarlberg zugesprochen. Dies dürfte mit einer Verwechslung beim St. Anna- oder Knappenaltar in Barthlolomäberg im Montafon zusammen hängen. Dort wird neben dem Hl. Theodul der Hl. Daniel mit Hammer und Erzstufe dargestellt (vgl. Ulrich Nachbaur, "Der heilige Bischof Theodul. Von der Urkundenfälschung bis zur Käsewerbung" in Montfort, Zeitschrift für Geschichte Vorarlbergs, 66. Jahrgang 2014, Band 1, S. 5-81, hier S. 42-44). Theoduls-Legende Die wohl bekannteste Theoduls-Legende ist jene von der Glocke. Die Schriftstellerin Natalie Beer gibt sie wieder: „St. Joder sah einmal drei Teufel in einer Pfütze jubilieren. Sie freuten sich, dass der Papst in Rom dabei war, eine große Sünde zu begehen. Nun befahl St. Joder dem schnellsten der Teufel, ihn sofort nach Rom zu tragen, in das Zimmer des Papstes. In Gedankenschnelle trug ihn der Teufel dahin, und St. Joder konnte den Papst an seinem Vorhaben hindern. Dieser schenkte ihm dafür eine Glocke, und der Teufel musste St. Joder mit der Glocke zurücktragen. In Mailand warf der Teufel aus Zorn über das verhütete Vergehen des Papstes die Glocke auf einen Stein, so dass sie in tausend Scherben zersprang. Die Kraft des Heiligen ließ diese Scherben in ebensoviele kleine Glocken gießen, die fortan zur Zeit des Hochwetters geläutet wurden und Blitzschlag und Unwetter vertrieben.“ |