Die tote Alp / Davos
In der Landschaft Davos liegt rechterseits vom Landwasser am serpentinhaltigen Gebirg die „tote Alp“, eine Strecke Land, auf welcher kaum einzelne Gräschen wachsen, während ringsherum üppige Alpen liegen mit saftigen Kräutern und Gräsern. auch jene dürre Steppe war vor Zeiten bewachsen, und es war die schönste Alp weit und breit.
Dort hielt sich eine Sennerin auf. Einst kam ein armer Mann müde und durstig des Weges und bat sie um einen Trunk. Sie aber liess den Armen schmachten und hiess ihn mit harten Worten weiterziehen. Der Arme, als er lechzend vor Durst und erschöpft niedersank, erhob seine Hände und beschwor die Rache des Himmels auf die Alp herab und siehe, von Stund an verdorrten die Kräuter und Gräser. Man sieht heute noch deutlich die Grenzen der Alp, wo der dürre, verfluchte Boden an die üppigen Nebenalpen anstösst, und heute noch bemerkt man die zerfallenen Mauern der Sennhütte.
(aus: Ludwig Imesch: Was die Walser erzählen. Neu herausgegeben von Max Waibel. Frauenfeld 1999, S. 148)