Walser im Berner Oberland
Lauterbrunnen und Planalp
Am 10. Juni 1295 tritt das Kloster Interlaken die Alp Sefinen im Lauterbrunnental um 260 Pfund Kapital und einen jährlichen Zins von 18 Pfund Berner Währung als Erblehen an 23 namentlich aufgeführte Männer ab, welche die Gemeinde der Lötscher (so genannt wegen ihrer Herkunft aus dem Lötschental) im hinteren Lauterbrunnental bildeten. Der jährliche Lehenszins war auf den St. Andreastag fällig. Laut Grenzbeschreibung umfasste das Lehen die beiden heute getrennten Alpen Sefinen und Busen.
Eine Urkunde vom 22. November 1346 führt die Lötscher von Lauterbrunnen zusammen mit jenen von Planalp auf. Mit diesem Schriftstück verkauft der Freiherr Peter von Turn dem Augustinerkloster zu Interlaken einen Teil seiner Eigenleute im Lütschinental und jene auf der Planalp am Brienzer Rothorn:
«Ich Peter zem Turne, friie, herre ze Gestellen in Wallis... han verköfft und hingegeben zu rechtem eigen... min lüte, die genemmet sint die Loetscher und gesessen sint ze Gimelwalt, ze Murren, ze Luterbrunnen, ze Trachsellowinen, ze Sichellowinen, ze Amerton, und wa si sint in der parochia (Pfarrei) von Steige gesessen... und och die Loetscher, die uffen Blanalp gesessen sint in der parrochia von Brienss...»
Dieser Vertrag hat dem Kloster Interlaken noch nicht alle turnischen Rechte eingetragen. Erst am 29. August 1395 verkauft Freiherr Anton von Turn dem Gotteshaus alles der Familie verbliebene Grundeigentum und alle Herrschaftsrechte auf Gimmelwald, Mürren, Ammerten und Lauterbrunnen, «land, lute und guot...mit gericht, mit twing, mit banne und mit vollem recht und mit voller herrschaft...».
Es scheint, dass mit dem Kauf vom Jahre 1346 die Leute allein – mit Twing und Bann aber ohne Boden – 1395 aber Grund und Boden mit dem Rest der Leute verkauft wurden.
Im Jahre 1488 finden wir Lötscher als Spender im gut erhaltenen Jahrzeitenbuch der im gleichen Jahr eingeweihten Kirche von Lauterbrunnen, deren Bau das Kloster Interlaken vergeblich zu verhindern versuchte. Auch Leuten aus dem Lötschental und dem übrigen Wallis spenden für die Lauterbrunner Kirche, ein sicherer Hinweis darauf, dass freundnachbarliche Kontakte über die Berge hinweg bestanden.
Aus den Walser
Niederlassungen im Einzugsgebiet der Weissen und Schwarzen Lütschine hat sich
nie eine Walsergemeinde herausgebildet wie etwa in Davos oder im Rheinwald. Die
Lauterbrunner Walser sind durch den Verkauf an das Kloster Interlaken zu
einfachen Gotteshausleuten geworden, die, wie ihre Stammesgenossen im Oberland,
allmählich in der Berner Oberländer Bevölkerung aufgingen. Als es den Talleuten
im Jahre 1498 gelang, sich vom Heuzehnten des Klosters Interlaken loszukaufen,
war ein erster Schritt in Richtung Freiheit getan.
Die Siedlungen Ammerten,
Trachsellauenen und die Höfe im Sefinental sind als Dauersiedlungen im Laufe
der Jahhunderte erloschen. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts setzte im Tal eine
Auswanderungswelle nach den Vereinigten Staaten ein und es ist anzunehmen, dass
gleichzeitig eine Walser Abwanderung aus den abgelegenen Niederlassungen im
hinteren Tal in Richtung Talgrund stattfand. Nach einem Besuch des hinteren
Lauterbrunnentals schrieb der Genfer Marc Théodore Bourrit im Jahr 1787: «Ammerten est encore une habitation presque
perdue pour les hommes», und Peter
Ober notierte um die Mitte des 19. Jahrhunderts «Le village n’est plus»
Gut meinte es das Schicksal mit Gimmelwald und Mürren. Gimmelwald ist bis auf den heutigen Tag ein auf Viehwirtschaft ausgerichtetes Bergdöflein mit etwas Fremdenverkehr geblieben, Mürren mit Blick auf das Dreigestirn Eiger Mönch und Jungfrau hat Weltruf als Ferienort erlangt.