Safien
Tiefe Tobel mit Lawinenzügen und Rüfen trennen die einzelnen Höfe und Geländekammern. Die ersten Walser kamen noch zur Zeit Donats von Vaz, der bei den Walsereinwanderungen ein grosse Rolle spielte, nach Safien, d. h. noch vor 1338. Donat von Vaz war zu jener Zeit Inhaber der Gebietshoheit und sicherte den „dütschen Lüt im Savien“ die gleichen Rechte zu wie den Rheinwaldnern im Freihheitsbrief von 1277. Nach dem Tod von Donat von Vaz wechselte der Gebietsherr mehrmals, zuerst zu WerdenbergSargans, dann zu den Freiherren von Rhäzüns. Georg von Rhäzüns bestätigte den Safier Walsern 1450 im Safier Freihheitsbrief nochmals ausdrücklich ihre Rechte. Der spätere Gebietsherr Graf Triulzio aus Mailand konnte seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen und musste auf seine Rechte verzichten.
Grundherr, d.h. Bodenbesitzer war allem das Kloster Cazis. Nach dem Urbar von 1512 hatte das Kloster damals in Safien 12 Grosshöfe und schloss mit allen einen Erblehensvertrag ab. Unter einem Grosshof war nicht nur ein Bauernhof zu verstehen, sondern die Nachbarschaft, die Pürt oder eben die Höfe, wie man in Safien heute noch sagt. So hatte z. B. der Hof Zalön rund 14 Einzelhöfe. Die Höfe entwickelten sich später zu selbständigen Nachbarschaften mit eigener Schule. Wie weit in Safien vor der Walsereinwanderung eine romanisch sprechende Bevölkerung dauernd ansässig war, ist historisch nicht nachgewiesen.
Romanische Flurnamen wie Camana, Curtnätsch deuten vor allem auf die Nutzung als Alpen hin. Nichtwalserischen Ursprungs sind vor allem die Namen, die ein grösseres Gebiet umfassen, z. B. die Höfe Camana, Bruschgaläschg, Zalön, Gün. Die einzelnen Häuser und Ställe, wie auch die Flurnamen sind jedoch mit wenigen Ausnahmen walserischen Ursprungs. So heissen die Einzelhöfe im „Tall“ d.h., im hintersten Talabschnitt: „Bir Chilchä, bim Brunnä, in dr Steinetä, uf äm Gassli, bim Turrä, uf äm Büel, in dr Wannä, in Enthälb, Zhinderscht “. Einzelne Flurnamen wie Prau Siliasca (so hiess Bruschgaläschg ursprünglich), Rong deuten auf eine vorwalserische Nutzung von Wiesland hin, sagen aber wenig über eine dauernde Besiedlung aus.
Der Zugang zum Tal erfolgte aus topografischen Gründen vor allem über die Pässe. Aufgrund der Forschungsergebnisse scheint gesichert, dass bereits die Römer den Transitweg von Splügen über den Safierberg, die Safieralpen und das Günerlückli nach Duvin und weiter nach Ilanz genutzt haben. Auch im Mittelalter wurde der Transitweg noch rege benutzt. Obwohl man die Aufgabe dieses Transitweges mit der Fahrbarmachung der Viamala zwischen 1471 und 1473 in Zusammenhang bringt, sind im Jahre 1502 in Safien noch 40 Saumpferde nachgewiesen. Später ging dieser Transitweg in Vergessenheit. Die Safier mussten aber weiterhin die über die Selbstversorgung hinaus benötigten Lebensmittel über die Pässe ins Tal herübertragen. Die Verbindung mit dem Rheinwald über den Safierberg hatte deshalb noch lange grosse Bedeutung. Zum wichtigsten Zugang entwickelte sich aber „d Stägä“ d.h. der Übergang von Safien Platz über Glas nach Thusis.
Über 500 Jahre lang waren die Safier für den Warentransport auf die Pässe angewiesen. Das Vieh wurde sogar bis nach Lugano auf den Markt getrieben. Erst nach dem Strassenbau 1883/1885 nach Versam wurde das Tal nach Norden geöffnet und damit nach und nach eine Verlagerung der Beziehungen nach aussen eingeleitet. Allerdings ist die Safierstrasse trotz dem Bau von Tunnels, Galerien und dem alle Jahre weiter vordringendem Ausbau von Versam her, auch heute immer noch grösstenteils ein enge, kurvenreiche Naturstrasse. Von den rund 25 km Talstrasse von Versam bis Thalkirch waren bis Ende 2005 rund 4 km ausgebaut.
Ein weiterer Schwerpunkt für die weitere Entwicklung war der Kraftwerkbau von 1953 bis 1957. Seither stehen der Gemeinde mehr Mittel für die Bewältigung ihrer vielfältigen Aufgaben zur Verfügung (grosses Wegnetz, Wasserversorgungen, Schulen, usw.).
Safien bildet zusammen mit der Gemeinde Tenna den Kreis Safien und wurde bei der letzten Gerichtsreform vom Bezirk Heinzenberg in den Bezirk Surselva (Bündner Oberland) umgeteilt. Infolge der Verlagerung der Beziehungen nach aussen und der Entwicklung der heutigen Zeit arbeitet Safien vermehrt mit den Nachbargemeinden Tenna, Versam und Valendas zusammen. Die vier Gemeinden Safien, Tenna, Versam und Valendas führen gemeinsam die Oberstufe der Schule mit Schulort Valendas und arbeiten auch touristisch zusammen. Safien verfügt über keine Skilifte und Bergbahnen. Ausserhalb der Landwirtschaft gibt es nur wenige Arbeitsplätze. Der Bevölkerungsrückgang stellt die Talschaft vor grosse Aufgaben. Mit verschiedenen Projekten, die vor allem den sanften Tourismus fördern sollen, wird versucht, eine positive Entwicklung einzuleiten.
Text: Mattli Hunger
www.safien.ch (Kultur), www.safiental.ch