Splügen
In diesen Jahrhunderten fand die Splügner Bevölkerung in der Säumerei ein durchaus beachtliches Auskommen, aber verschiedene Katastrophen sorgten dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wuchsen: 1716 und 1751 wüteten Dorfbrände, Hochwasser zwangen die Leute, gefährdete Dorfteile zu verlassen, und gegen Ende des 18. Jahrhunderts verbreiteten die Franzosen, welche mit einer Division über den Bernhardin eingedrungen waren, Elend und Schrecken. |
Die Rheinwaldner waren aber ein zäher und genügsamer Volksschlag, der immer wie der Mut zu neuen Taten fand. 1818 – 1823 wurden die Splügen- und die Bernhardinstrasse ausgebaut, und sowohl der Waren- wie auch der Personentransport standen bald in voller Blüte: Die Gästebücher der einheimischen Hotels verzeichneten weit über 1'000 Übernachtungen pro Jahr. Aber mit der Eröffnung des Gotthard-Bahntunnels wurde den meisten Splügner die Arbeits- und Verdienstmöglichkeit zunichte gemacht. Der Warentransport sank innert kurzer Zeit von 14'000 Tonnen auf 1'000 Tonnen. Viele Splügner mussten auswandern, nach Nordamerika oder Neuseeland. Zur Zeit des 2. Weltkrieges bestand die Absicht, das Dorf Splügen in den Wasserfluten eines mäch tigen Stausees versinken zu lassen, was aber eine geschlossen kämpfende Bevölkerung verhindern konnte. Ein neues Kapitel in der langen und bewegten Geschichte des Passdorfes Splügen begann 1967 mit der Eröffnung des Strassen tunnels durch den Bern hardin. Auch aus diesem neuen Verkehrsweg zog Splügen Nutzen und entwickelte sich sprunghaft zum beliebten Wintersportplatz und Sommerferienort. Der Stellenwert der Landwirtschaft hat deswegen an Bedeutung nicht verloren; im Gegenteil: Tourismus und Landwirtschaft funktionieren gut nebeneinander.
Dank seiner Lage am Fusse des schon von den Römern begangenen Splügenpasses hat das Dorf über Jahrhunderte hinweg dem Transit gedient, was sich in der Architektur wie im Wesen der Einwohner niedergeschlagen hat. Die braungebrannten Walserhäuser, die stolzen Palazzi sowie die mächtigen Susten sind Zeugen und Zeichen dieser Zeit, und nicht zuletzt deswegen wurde das Dorf vom Heimatschutz als “Ortsbild von nationaler Bedeutung“ eingestuft. 1995 erhielt Splügen den “Wakkerpreis“, eine Auszeichnung, die einerseits das Bestreben althergebrachte Bausubstanz zu schützen und andererseits die sinnvolle Verflechtung mit der heutigen Zeit honoriert.
Text: Kurt Wanner
Quelle: www.gemeinde-spluegen.ch